Lebenslauf Ernst Grube, Schirmherr

Ernst Grube wurde 1932 in München geboren. Seine Mutter war von Beruf Krankenschwester und kam aus einer strenggläubigen jüdischen Familie. Die Familie seines Vaters war evangelisch. Sein Vater, ein Malermeister, war Sozialist.
Ernst Grube lebte mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder Werner seit 1933 in einer Wohnung der Israelitischen Kultusgemeinde in der Herzog-Max-Straße gleich neben der Synagoge. Die Familie war mit zunehmender Ausgrenzung konfrontiert. Die Synagoge wurde im Juni 1938 von den Nazis abgerissen und die Stadtverwaltung enteignete den Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde an der Herzog-Max-Straße. Damit verlor die Familie Grube – Ernst Grubes Schwester Ruth war gerade geboren worden – ihre Wohnung und war obdachlos. Der Widerstand des Vaters gegen die „Entmietung“ blieb ebenso erfolglos wie die Suche nach einer neuen Wohnung. In dieser Notsituation gaben die Eltern die drei Kinder im November 1938 in ein jüdisches Kinderheim in der Antonienstraße.
Ernst Grube erlebte die Gemeinschaft mit den anderen Kindern und die liebevolle Betreuung durch die Erzieherinnen dort als sehr positiv. Die Zeit vorher hatte die Familie durch die alltägliche Diskriminierung und das Abwenden von Nachbar_innen und ehemaligen Freund_innen gezwungenermaßen sehr isoliert gelebt. Ernst Grube erfuhr aber auch jetzt die zunehmende Feindseligkeit der Umwelt, sobald er das Heim verließ. Im Herbst 1941 verschärfte sich die Situation für die jüdische Bevölkerung weiter. Auch die Kinder des Heims mussten ab diesem Zeitpunkt in der Öffentlichkeit den „gelben Stern“ tragen. Fast alle Kinder des Kinderheims wurden im November 1941 und im März 1942 deportiert und ermordet.
Ernst Grube kam nach Auflösung des Kinderheims mit seinen Geschwistern im März 1942 in das sogenannte „Judenlager Milbertshofen“ im Norden Münchens. Dass der Vater bei den Nazis als „Nicht-Jude“ galt und sich trotz massiven Drucks durch die Gestapo weigerte sich scheiden zu lassen, hatte die Grube-Kinder – von den Nazis als „Halb-Juden“ bezeichnet – zunächst vor der Deportation bewahrt.
Im Barackenlager in Milbertshofen mussten Münchner Juden und Jüdinnen leben, die aus ihren Wohnungen vertrieben worden waren. Sie wurden zu Zwangsarbeit für verschiedene Betriebe gezwungen. Von hier aus wurden die Menschen ins Ghetto Theresienstadt und in die Vernichtungslager deportiert. Die Bedingungen in der Enge des Lagers waren schrecklich. Die Bewohner_innen waren der Willkür der Gestapo ausgesetzt, die sie demütigte und quälte. Nachdem die meisten Bewohner_innen deportiert worden waren, lösten die Nazis das Lager in Milbertshofen auf. Die drei Geschwister Grube wurden in das andere große Durchgangslager für Juden und Jüdinnen in München, die sogenannte „Heimanlage für Juden“, in Berg am Laim gebracht. Als auch dieses am 1. März 1943 aufgelöst wurde, holte Ernst Grubes Vater die drei Kinder nach Hause.

Die Familie musste zu fünft in zwei kleinen Zimmern leben und immer wieder umziehen. Der Alltag war geprägt von Ausgrenzung und Verfolgung. Ernst Grube durfte nicht zur Schule gehen, nicht die öffentlichen Verkehrsmittel, keine Parkbänke benutzen, er durfte nicht ins Schwimmbad und kein Fahrrad besitzen. Überall las er die Schilder „Für Juden verboten“, wurde von Nachbarskindern verspottet und bei Luftangriffen wurde ihm der Zugang zu Schutzräumen verwehrt. Seine Mutter musste Zwangsarbeit für eine Hutmacherei leisten. Ernst Grube half seinen Eltern z.B. beim Einkaufen, das nur noch in ganz bestimmten Geschäften erlaubt war.
Im Februar 1945 wurde der 12Jährige zusammen mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern an einem Morgen von der Gestapo in der Wohnung abgeholt und ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Hunger und Angst prägten Ernst Grubes Alltag im Lager. Am 8. Mai 1945 wurde das Ghetto Theresienstadt von sowjetischen Truppen befreit.
Im August 1945 kam Ernst Grube mit seiner Mutter und den Geschwistern zurück nach München. Ernst Grube besuchte die Schule und machte bei seinem Vater eine Malerlehre. Später wurde er Malermeister, holte sein Abitur nach und wurde Berufsschullehrer an der Städtischen Berufsschule für Farbe und Gestaltung in München.
Seit den 1950er Jahren ist er vielfältig politisch aktiv. Er engagierte sich zunächst in der Gewerkschaftsjugend und der Freien Deutschen Jugend (FDJ) gegen die Wiederaufrüstung der BRD und gegen die Rückkehr von Nazis in wichtige Positionen. Die Verfolgung von Kommunist_innen im Zuge des Kalten Krieges traf auch Ernst Grube. Er wurde beim Verteilen von Flugblättern für die ab 1956 verbotene KPD von der Polizei verprügelt und kam in Isolationshaft. Zweimal war er mehrere Monate bzw. ein Jahr im Gefängnis. Zudem erhielt er Anfang der 1970er Jahre aufgrund seiner politischen Überzeugungen Berufsverbot. Die Behörden nahmen es erst zurück, als Ernst Grube dem zuständigen Bearbeiter den „gelben Stern“, den zu tragen ihn die Nazis gezwungen hatten, auf den Schreibtisch legte. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), in der sich Ernst Grube seit vielen Jahren engagiert, wird bis heute vom Verfassungsschutz beobachtet. Er wurde als Sprecher der VVN 2010 sogar namentlich im bayerischen Verfassungsschutzbericht genannt und somit von den staatlichen Behörden zum „Verfassungsfeind“ erklärt.
Er engagiert sich seit langem in der „Lagergemeinschaft Dachau“, deren Vorsitzender seit Mai 2017 ist, bei der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten und im „Förderverein für internationale Jugendbegegnung in Dachau“. Seit über 30 Jahren ist Ernst Grube als Zeitzeuge aktiv. Ihm ist die Erinnerung besonders im Hinblick auf die Gegenwart wichtig. Er kämpft seit Jahrzehnten gegen „alte“ und „neue“ Nazis, gegen Rassismus und Antisemitismus. Er spricht häufig auf Gedenkveranstaltungen und antifaschistischen Demonstrationen. Ernst Grube hat vier Kinder und sieben Enkel. 2011 hat er eine Reise zu den ehemaligen Orten der Vernichtung in Osteuropa gemacht, an denen viele seiner Verwandten und Freund_innen ermordet wurden.